
Wettervorhersagen sind für Laien vergleichbar mit Hellsehen, Orakeln und am Ende meist eh nicht so, wie man es sich vorgestellt hat. Wir machen es trotzdem und haben kurz vor dem Rennen bei einem Experten nachgefragt: Karl-Heinz „Kalli“ Nottrodt ist Diplom Meteorologe und dazu ein Urgestein im Triathlon – sogar ein sehr erfolgreiches als mehrfacher deutscher Meister sowie Europa- und Weltmeister seiner Altersklasse. Also perfekt geeignet für unsere Fragen zu den aktuellen Wetterbedingungen auf Hawaii.

Servus Kalli, kommen wir gleich zur spannendsten aller Fragen: Was für ein Wetter erwartet Patrick Lange am Renntag?
Das ist natürlich immer schwer zu sagen, aber eine Prognose gebe ich schon ab. Ich gehe davon aus, dass am kommenden Wochenende relativ schnell Bewölkung aufziehen wird mit Regenschauern in der Nacht vor dem Rennen und wahrscheinlich auch in den ersten Stunden des Wettkampfs. Beim Schwimmen ist man eh nass, aber evtl. gibt es auch Schauer beim Anstieg nach und in Hawi. Die Temperatur liegt morgens um 25 Grad, steigt dann schnell auf bis zu 30 Grad, in den windgeschützten Passagen sogar auf etwa 35 Grad. Insgesamt wird es wohl sehr schwül und heiß mit einer hohen Luftfeuchtigkeit. Denn der Wind wird voraussichtlich den ganzen Tag aus Südwest wehen und so tropische Luft heranziehen. Zunächst mit einer Stärke von 1 bis 2, dann im Laufe des Vormittags aufgrund der Thermik mit einer Stärke von 2 bis 3 – viel stärker wird er wahrscheinlich nicht. Allerdings heißt das einen leichten bis mäßigen Gegenwind auf dem gesamten Rückweg der Radstrecke. Dafür gibt es beim Anstieg nach Hawi keinen starken Gegenwind.

Beständiger Wind aus einer Richtung – ist das nicht untypisch für Hawaii?
Das stimmt. Normalerweise überwiegt bis zum späten Vormittag der Nordostwind, besonders in der Lücke zwischen Mauna Kea und Mauna Loa, und dreht dann mit Einsetzen der Thermik auf West/Südwest – besonders in Küstennähe. Deshalb hat man oft auf dem Hinweg der Radstrecke Gegenwind, gerade am Highway und hinauf nach Hawi. Mit dem Einsetzen der Thermik und des Seewindes dreht der Wind dann aber in Küstennähe auf West bis Südwest und weht vor allem für die langsameren Radfahrer und später gestarteten Age Grouper erneut von vorne. Vor allem, wenn man nach Kawaiihai auf den Highway in Richtung Kona abbiegt.

Warum ist das aber in diesem Jahr wohl nicht so?
Die normale Zirkulation ist im Moment gestört. Hawaii liegt in der Regel am Rande des pazifischen Subtropenhochs. Das heißt, dass der Wind im Uhrzeigersinn um das Hoch herumdreht, deshalb Nordostwind. Das Subtropenhoch ist aber im Moment nicht da bzw. zu weit weg. Stattdessen gibt es einen Tropensturm im Pazifik, westlich von Mexiko. Keine Sorge, nach Hawaii schafft er es nicht, aber er ist ein echter Störenfried für die Zirkulation. Somit kommt der Wind auf Hawaii aktuell meist aus genau der anderen Richtung wie sonst. Zudem ist der Südwestwind auch noch ziemlich schlaff, da die Luftdruckunterschiede über dem Pazifik zurzeit sehr gering sind. Sie werden im Tagesverlauf allenfalls durch die Thermik etwas verstärkt. Das berühmte El Nino Phänomen ist dieses Jahr auch wieder stark ausgeprägt, ein weiterer Faktor für die gestörte Zirkulation.
Der Wind wird also vermutlich beständig sein. Wie sieht es mit der Luftfeuchtigkeit aus – gleich hoch oder mit Schwankungen?
Die relative Luftfeuchtigkeit nimmt mit steigender Tagestemperatur normalerweise ab und nimmt dann gegen Abend wieder zu. Bei normalen Wind- und Wetterverhältnissen ist es auf der Kona-Seite gar nicht so feucht, weil der Wind im Lee (die vom Wind abgewandte Seite) der zwei großen Vulkane Mauna Loa und Mauna Kea austrocknet. Das ist vergleichbar mit dem Föhn in den Alpen. Dieses Jahr ist es mit dem Südwestwind allerdings ganz anders: Aus den Tropenregionen kommt sehr feuchte Luft.
Wir blicken in Deutschland ja auf einen extrem heißen Sommer zurück. Ist dieser mit den Bedingungen auf Hawaii vergleichbar?
Nicht wirklich. Unser Sommer war zwar sicherlich heiß, aber nicht vergleichbar mit der Situation in Hawaii. Bei uns hatten wir durch das Skandinavien-Hoch sehr oft trockenen Wind aus Nord/Nordost, was die Hitze viel erträglicher macht als auf Hawaii. Ein Mitteleuropäer sollte sich das Klima auf Hawaii (Big Island, Westseite) tagsüber vorstellen wie in einem Backofen mit Ober-, Unter - und seitlicher Hitze sowie ständiger Zufuhr von Feuchtigkeit – quasi einem steten Sauna-Aufguss. Die Oberhitze kommt von der Sonne, die Unter- und seitliche Hitze von der aufgeheizten Lava und die Feuchtigkeit vom Pazifik.
Höhere Luftfeuchtigkeit und gleichbleibende Winde, dafür ähnlich heiße Temperaturen. Einiges ist dieses Jahr also anders als im letzten Jahr. Aber solange das nicht auf den Gewinner zutrifft, ist es uns recht.