Material und Ausstattung beim Rennrad
Rennradwissen für Anfänger – vom Rahmen bis zum Sattel
Du hast dich dazu entschieden Rennrad zu fahren. Andreas Raelert würde dir zu dieser Entscheidung von Herzen gratulieren. Der Triathlon-Profi ist passionierter Rennrad-Fan und gibt dir hier Experten-Tipps für die Ausstattung und das Material deines ersten Rennrads – vom passenden Sattel bis zum Carbonrahmen.
Eigentlich gilt das, was jetzt kommt, für alle Fahrräder, ob Rennrad, Mountainbike, Cyclocross oder dein normales Stadtrad: Welches das richtige für dich ist, kannst nur du entscheiden – am besten mit Hilfe eines erfahrenen Experten oder Fachhändlers. Das wichtigste ist deine Sicherheit auf dem Rad: Du musst dich in jeder Situation auf dein Rennrad verlassen können. Achte deshalb vor allem auf die Stabilität und eine gute Verarbeitung der Komponenten.
Bestell dir dein erstes Rennrad nicht im Internet, wenn du es mit dem Sport ernst meinst. Die Auswahl ist riesig, die Spezifikationen komplex und du bist individuell – lass dich persönlich beraten, um das Rennrad zu finden, das zu dir selbst und zu deinen Zielen passt.
Mit Rennrädern kenn ich mich aus, deshalb hier einmal die wichtigsten Komponenten eines Rennrads zusammengefasst:
Ein Rennrad muss schnell sein – deshalb hat es im Vergleich zu normalen Fahrrädern sehr schmale Reifen mit geringem Rollwiderstand. Die klassische Breite von Rennradreifen liegt bei 23mm, es gibt aber auch 25mm und 28mm breite Reifen. Über den Vorteil breiterer Rennradreifen wird in der Szene viel diskutiert, es gibt Tests, die für und gegen den schmalen Klassiker sprechen. Ich persönlich behaupte, dass ich mit den schmalen Reifen ein bisschen schneller unterwegs bin. Die meisten Rennradreifen sind fast profillos oder sogar sogenannte „Slicks“ – ihre Oberfläche ist dann komplett profillos, also glatt.
Anfänger finden das oft unheimlich, weil sie glauben, damit schneller wegrutschen zu können – aber das Gegenteil ist der Fall.
Derartige Reifen haben eine sehr gute Bodenhaftung und eignen sich besonders gut zum Schnellfahren. Du solltest sie aber nicht in jedem Gelände fahren, sondern nur auf asphaltierter Straße.
Der Rahmen ist das Herz jedes Fahrrads, er bestimmt über die gesamte Geometrie. Rennradrahmen gibt es aus Aluminium oder Carbon (Kohlenstofffaser), die Ausnahme bilden Rahmen aus Stahl oder Titan. Carbon ist das leichteste Rahmenmaterial und besitzt eine hohe Steifigkeit – das bedeutet, dass es besonders widerstandsfähig gegen Verformungen ist. Deswegen haben auch die meisten geländetauglichen Rennräder, die im Cyclocross-Sport eingesetzt werden, einen Carbonrahmen. Auch wenn sich Carbon im Radsport durchgesetzt hat, ist das Rahmenmaterial aus meiner Sicht auch Geschmackssache.
Man ist durch einen Carbonrahmen nicht wirklich schneller, auch wenn viele das behaupten, weil er so viel leichter ist.
Je professioneller du das Radfahren betreibst, desto wichtiger wird sicherlich das Thema Gewicht. Für Einsteiger geht es aber in erster Linie um ein gutes Fahrgefühl, und da kommt es auf die richtige Rahmengröße an. Formeln und Online-Rechner, mit denen du deine Rahmengröße berechnen kannst, führen oft zu Ergebnissen, die zwischen zwei Rahmengrößen liegen. Lass dich daher bei der Rahmengröße am besten fachmännisch beraten.
Ist Gewicht alles beim Radfahren?
Radsport ist bekannt für die Affinität für Gadgets, besondere Komponenten am Fahrrad und das ständige Perfektionieren von Gewicht und Aerodynamik. Es stimmt schon, wenn man tolles Material hat und ein bisschen am Gewicht schraubt, kann man Kleinigkeiten beim Radfahren verbessern. Aber ob das Fahrrad nun 500 Gramm mehr oder weniger wiegt, macht von der Zeit her überhaupt nichts aus. Da ist es meist der Fahrer, der noch Gewichtstuning betreiben kann, als dass man das am Fahrrad tut :)
Der Sattel ist für den Komfort beim Radfahren das allerwichtigste. Einerseits muss er zu deinem Körper passen und andererseits richtig eingestellt sein, damit du optimal auf dem Rennrad sitzen kannst. Du musst quasi eins werden mit deinem Gerät.
Es lohnt sich, einmal den Abstand seiner Sitzbeinhöcker auszumessen.
Dafür brauchst du einen Stuhl und ein Stück Wellpappe. Leg die Wellpappe auf den Stuhl und setz dich drauf. Zieh dann deine Beine etwas nach oben zu deinem Körper heran, sodass sie von der Hüfte nach oben einen Winkel von circa 70 Grad ergeben. Du kannst deine Füße auch einfach auf einen höheren Gegenstand oder auf Zehenspitzen stellen, dann sind die Beine automatisch etwas höher angewinkelt. Durch die Sitzposition müsstest du deine Sitzbeinhöcker deutlich spüren, sie drücken in die Wellpappe. Markiere danach die beiden Druckstellen und ihren jeweiligen Mittelpunkt auf der Pappe mit einem Stift. Miss nun den Abstand zwischen den beiden Punkten. Mindestens so breit wie dieser Abstand sollte die breiteste Fläche deines Sattels sein, damit du bequem sitzen kannst.
Die Sitzbeinhöcker sind zwar eine Orientierungshilfe, bei der Wahl des Sattels kommst du trotzdem nicht ums Ausprobieren herum. Da geht es auch um Oberflächenmaterial und die Polsterung, die dir nochmal zusätzlichen Komfort bieten – und vielleicht auch um eine besondere Farbe, die du dir aussuchen willst :)
Der Rennradlenker ermöglicht dir durch seine Form, sportlicher auf dem Rad zu sitzen. Er bietet dir verschiedene Griffvarianten für unterschiedliche Sitzpositionen: Wenn du eine komfortable, aufrechte Position fahren willst, fasst du den Lenker oben an, für eine aerodynamische Position, in der du schneller fahren kannst, nutzt du den Unterlenker. Dein Rennradlenker sollte ungefähr so breit wie deine Schultern sein. Es ist wichtig, dass du am Anfang den Abstand zwischen Lenker und Bremse testest: Je nachdem wie groß deine Hände sind, kann es sein, dass du die Bremse nicht sicher greifen kannst. Lass dir den richtigen Abstand direkt beim Fachhändler zeigen und einstellen.
Der Lenker beim Zeitfahrrad
Zeitfahrräder haben eine andere Lenker-Kombination als klassische Rennräder. Der Lenker ist nach vorn hin länger, sodass du die Arme auflegen und in einer noch aerodynamischeren Position fahren kannst.
Dass ein Rennrad ohne Klickpedalen kein Rennrad ist, ist Quatsch. Klickpedalen solltest du am besten erst dann nutzen, wenn du schon ein bisschen Übung auf einem Rennrad hast, denn du bist mit dem Radschuh ziemlich fest im Pedal fixiert. Als Anfänger funktioniert das Radfahren auch mit ganz normalen Turnschuhen. Klickpedalen helfen dir später dabei, deine Kraft noch besser zu übertragen, wenn du nach vorne trittst und bei der Aufwärtsbewegung die Kurbel nach oben ziehst.
Wenn du auf Klickpedale umsteigst, teste das am besten auf einer Wiese – der erste Einsatz mit Klickpedalen endet nämlich gern mal damit, dass man umfällt, weil man mit dem Radschuh nicht rauskommt. Das ging mir damals genauso. Also Auf- und Absteigen auf weichem Untergrund üben.
Die meisten Rennräder verfügen über Felgenbremsen, seit ein paar Jahren haben sich aber auch Scheibenbremsen im Radsport etabliert. Ich selbst fahre Räder mit Scheiben- und mit Felgenbremsen. Es ist sicher auch ein wenig Geschmackssache. Die Bremsleistung beider Bremsenarten ist relativ gleich, lediglich bei schlechten Wetterbedingungen, beispielsweise Regen, schreibt man den Scheibenbremsen eine stärkere Bremsleistung zu. Dafür sind sie etwas schwerer und lassen sich aerodynamisch nicht so gut „verstecken“. Beides hat also seine Vor- und Nachteile.
Weiteres Fahrradzubehör
Wer viel trainiert, muss auch viel trinken: Pro gefahrener Stunde solltest du ungefähr eine Trinkflasche einrechnen. Ich selbst fahre immer mit zwei Trinkflaschen.
Licht mag Geschmackssache sein, ist aber für deine Sicherheit unentbehrlich, gerade wenn du abends Rad fährst. Ich fahre immer mit Rücklicht, damit ich definitiv gesehen werde.
Ambitionierte Radfahrer nutzen einen Radcomputer, um ihre Leistung und Geschwindigkeit während des Trainings zu messen. Wenn du gerade mit dem Radfahren anfängst, brauchst du das nicht, denn in erster Linie gehts darum, dich mit dem Sport vertraut zu machen.
Wenn du bei Regen fährst, kannst du ein Schutzblech an deinen Sattel klemmen. Es schützt dich vor Schmutz, der durch den Hinterreifen nach oben gespritzt wird.
Werkzeug für dein Rad: 6 Pannenhelfer
Als ich mit dem Radfahren angefangen habe, hatte ich einen Lehrmeister, der mir genau erklärt hat, wie ich ein Rad oder einen Schlauch wechsle. Das heißt nicht, dass du erst einen Radtechnik-Workshop belegen musst, um dich auf den Sattel zu schwingen. Ein paar Basics und die richtige Ausrüstung helfen dir aber auf jeden Fall, wenn du intensiver fahren möchtest und das erste Mal einen Platten hast.
Du brauchst:
- ein Inbus-Set (Größen 1,5 bis 8) für einen Reifenwechsel
- Abzieher
- Flickzeug
- Ersatzschlauch
- Luftpumpe oder CO2-Kartusche
- Kettennieter
Am Anfang ist weniger mehr. Entwickle erst ein gutes Fahrgefühl, mach dich mit den Funktionen deines Rennrads vertraut, spiele ein bisschen mit den Bremsen und der Lenkung. Wenn dich das Rennradfieber gepackt hat, modellierst du ganz automatisch an der Ausstattung. Für deine ersten Rennrad-Erfahrungen wünsche ich dir viel Spaß.